So ab und an, wenn es mir gerade einfällt, schreibe ich kleine Geschichten. Dieser hier ist schon älter und entstand im März 2008:
Ein ganz normaler Morgen
Mein Kaffee spricht mit mir. Ich sitze am Computertisch, er steht scheinbar ganz normal und unschuldig vor mir, plötzlich spricht er mich an.
„Guten Morgen!“
Ich betrachte ihn nachdenklich. Nun ja, es ist sieben Uhr früh, da können bestimmt die ungewöhnlichsten Dinge passieren. Was solls.
„Guten Morgen, es ist noch viel zu früh um sich zu unterhalten – melde dich später wieder.“
„Später hast du mich ausgetrunken, da kann ich nichts mehr sagen. Ich möchte mich jetzt unterhalten“.
Resignierend seufze ich auf. Jetzt kommt schon mein Kaffee mit „wir müssen reden“ an. Dass immer alle reden wollen, reden ist total überbewertet – vor allem um 7 Uhr morgens.
„Du vernachlässigst mich“, setzt er da auch schon an. „Du trinkst mich nur einmal am Tag. Bist du dir bewusst, dass es Menschen gibt, die mich literweise zu sich nehmen?“
Auch das noch. Mein Kaffee hat das Gefühl er wäre so arm und vernachlässigt. Dumpf starre ich ihn an, versuche krampfhaft mein Gehirn auf Touren zu bekommen, scheitere aber um diese Uhrzeit – wie gewöhnlich – daran. Nichts in meinem Leben hat mich je darauf vorbereitet, meinem Kaffee Rede und Antwort stehen zu müssen, warum ich so gemein bin.
Doch bevor ich auch nur ein sinnentleertes „Äh..“ rausbringe, schimpft er auch schon weiter.
„Immer wieder vergisst du in deinem Morgentaumel dann sogar auf mich. Und nicht nur, dass die Hälfe von mir dann kalt wird, was schlimm genug ist.. Nein! Du schüttest diese kalte Hälfte dann sogar noch in den Abfluss! Kannst du mir sagen womit ich es verdient habe, derartig missachtet zu werden? Denkst du Kaffee hat keine Würde?“
Mit offenem Mund höre ich völlig verdattert zu. Er hat ja wohl recht, aber bis jetzt hab ich das noch nie als was schreckliches und entwürdigendes empfunden, wenn ich kalten Kaffee in den Abguss leere. Würde ich lernen müssen umzudenken? Auf meine Umgebung mehr Rücksicht zu nehmen? Wenn ich doch nur schaffen könnte, gerade Gedanken zu denken. Doch das klappt frühestens in einer Stunde.
Und schon geht es weiter: „Außerdem langweilst du mich zu Tode! Kaffee, Milch, Süßstoff! Was ist mit dir, bist du unkreativ? Oder vielleicht sogar doof? Warum vereinst du mich nicht mal mit Eierlikör, Bailys, Amaretto oder ähnlich edlen und feinen Getränken wie mich? Himmelhergottnochmal, muss man dir denn wirklich alles extra sagen?“
Nun ist es aber gut. Ich stehe auf, nehme die Kaffeetasse in die Hand und trinke meinen Kaffee mit einem großen Schluck aus. So wahre ich seine Würde. Und ab morgen wird nur noch Tee getrunken. Hoffentlich hält der die Klappe.
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